TL; DR. Personen in eine Richtung stupsen ist keine Einschränkung der Freiheit, sondern deine Verpflichtung als Entscheidungsarchitekt.
In meinem Bewusstsein über meine absolute Lesefault habe ich damals eine Challenge aufgestellt und mit diesem Kapitel ist sie für dieses Jahr abgeschlossen! Mein achtes Buch dieses Jahr war „Nudge“ von Richard H. Thaler und Cass R. Sunstein, die beide aus dem Bereich der Verhaltensökonomie stammen. Es handelt sich hierbei um die finale Version, die 2021 erschienen ist und ihre ursprüngliche Version von 2008 mit aktuelleren Referenzen bestückt. Das Buch ist maßgeblich in meinem Besitz gelandet, da ich zu früh am Flughafen angekommen bin, noch zehn Pfund Fremdwährung in Bar hatte und Daniel Kahnemann einen empfehlenswerten Spruch auf dem Einband erlaubt hat.
Im Prinzip geht es in dem Buch über das Konzept des liberalen Paternalismus. Dabei geht es in Kurzform darum, als Bestimmer über die zukünftigen Entscheidungen von Personen im Besten Sinne zu handeln. Das anfangs angeführte Beispiel handelt von einer Cafeteria-Verwalterin an diversen Schulen. Sie hat in einer statistischen Auswertung festgestellt, dass das Gericht, welches auf Augenhöhe im Menü an der Wand abgebildet ist, automatisch häufiger gekauft wird. Nun stellte sich die Frage, wie das Menü arrangiert werden soll, schließlich hat sie die Macht darüber, was die Kinder im Schulbetrieb essen. Hierbei konnte sie sich zwischen einer gesunden Mahlzeit, einer lukrativen, jedoch ungesunden Mahlzeit und einer willkürlichen Anordnung entscheiden. Sie entschied sich glücklicherweise für die Gesunde Mahlzeit. Diese Entscheidungsmacht wird in diesem Buch in viele Bereiche, die stellenweise nur auf Amerika zutreffen, ausgeführt. Dabei wird anschaulich gezeigt wie menschliche Voreingenommenheit und Irrtümer ausgenutzt werden, um Personen in eine Falle zu locken, die wiederum die Gewinne der Unternehmens maximiert. Gleichzeitig wird die Verantwortung von regulatorischen Instanzen bewertet und letztendlich laufen sehr viele Einschätzungen darauf hinaus, dass mehr Transparenz und dem Konsumenten förderliche Vorauswahlen bereits große, positive Effekte erzielen können.
Das Buch selbst ist empfehlenswert, auch wenn zirka 80 Seiten für nicht-amerikanische Leser hinfällig sind, da die besprochenen Konzepte zumindest in Deutschland nicht so ausgiebig gelebt werden. Diese Kapitel sind eine schöne Illustration, warum der Neoliberalismus wie er in den Vereinigten Staaten gelebt wird, viele Akteure mit niederen Herangehensweisen anlockt. Ich war positiv überrascht, keine vollständige Abneigung gegen staatliche Regulierung zu lesen, da anscheinend einige Gesetzgebung bereits mit dem „nudging“ erstellt wird und die Ergebnisse überzeugend funktionieren. Diese Lektüre ist eine wunderbare Ergänzung zu Thinking Fast and Slow!
Hast du mal vom liberalen Paternalismus gehört? Schreib mir deine Einschätzung in die Kommentare!
Lied des Tages
Lieblingsstelle
If you can cry real tears then
You’re gonna cry them all for me
If you can feel real fears then
I’m gonna leave you shivering
Lola Blanc – Real Boy