Die Grenze des Rechtsstaats liegt in seiner Gesetzgebung

TL; DR. Es mag sein, dass ein Rechtsstaat durch das Verlassen der abstrakten Konstrukte bei der Erstellung der Gesetzgebung eine nachhaltige Gesetzgebung behindert und gesellschaftsschädliche Akteure nicht mehr durch die staatlichen Strukturen reguliert werden können. Das würde das Ende eines Staates einläuten.

Recht und Ordnung scheint ein wunderbares Konzept, denn du schaffst damit diverse Unsicherheiten aus dem Weg. Unsicherheiten und Risiken sind zwar nicht vollständig zu entfernen, doch je weniger davon quantitativ und qualitativ vorkommen, desto besser kannst du eventuelle Risiken mitigieren oder weitere Energie in die vollständige Abschaffung jener investieren. Durch die reine Existenz deiner selbst und mit zunehmender Größe der Gruppe und Gesellschaft in der du dich befindest, sorgen feste Konzepte für Mindeststandards in Sicherheit, Gesundheit und unilateralen Verabredungen für eine Basis auf der sich Fortschritt und Veränderung stützen können. Im nationalen Kontext ist diese Basis durch den Staat und seine Staatsform gegeben.

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein freiheitlich-demokratischer, sozialer Rechtsstaat. Das Konzept eines Rechtsstaats folgt dem Prinzip, dass der Staat eine Rechtsgrundlage bildet an die sich die Bevölkerung und er selbst gleichermaßen halten. Damit das Übergehen dieser Strukturen erschwert wird, wird die Gewaltenteilung dazu genutzt, die verschiedenen Organe auf eben jene rechtsstaatlichen Prinzipien zu überprüfen. Nicht zuletzt in dieser Zeit siehst du andauernde Urteile, die Verordnungen und Rechtsprechung revidieren, da sie nicht unserer Verfassung genügen, welche maßgeblich durch das Grundgesetzt formuliert ist. Das ganze Konzept hat natürlich auch Nachteile, denn eine gegenseitige Kontrolle benötigt Zeit und so kann eine Verordnung von der Judikative gekippt werden, die Legislative reicht drei Stunden später Einspruch ein und die Exekutive war keineswegs über diese temporäre Aussetzung der Regeln im Klaren und hat auf veralteten Standards nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Das sind jedoch neben den leichten Unannehmlichkeiten, die entstehen können, ein Beweis dafür, dass das System funktioniert und die gegenseitige Kontrolle zumindest aufrecht erhalten werden kann. Das schafft Vertrauen in die Institutionen und dieses Vertrauen ist der Grundstein für unsere Minimalstandards, die uns die Staatsform bereitstellen kann. In unserer sozialen Marktwirtschaft werden Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Selbstständige für die Sicherheit, Infrastruktur und Regulierungskosten besteuert. So ist jeder dem großen Ganzen zumindest in einer metaphorischen Art und Weise verpflichtet und das Bedürfnis das System zu untergraben sinkt. Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder Versuche einzelner Individuen und Unternehmen, Einflussnahme auf die Gesetzgebung zu nehmen um egoistische, kurzsichtige Ziele zu verwirklichen.

In einer utopischen Welt würde es kein Unternehmen geben, welches dem Allgemeinwohl schadet. Jedes Unternehmen würde auf einer stabilen Basis aufbauen und nicht auf den Rücken und Lungen nachfolgender, teils ungeborener Generationen. Diese Unternehmen verschwinden nach und nach von der Bildfläche oder legen ihre zerstörerische Ader ab und fangen an, ihren an die Menschen von Gestern gelieferten Mehrwert mit den Leuten von Heute in die Kinder von Morgen zu investieren. Das klingt zwar idealistisch, aber nach einer nie dagewesenen Periode von Frieden innerhalb von Europa wird plötzlich klar, dass nicht nur in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten gedacht werden kann. Unternehmen, die sich weigern ohne klaffende Wunde von der Oberfläche zu verschwinden, werden meistens durch eine Regulatorik insoweit eingeschränkt, dass sie keinen bedeutenden Schaden mehr anrichten können. An dieser Stelle setzt die eigentliche Idee des Artikels an.

Wieso gibt es keine Gesetzgebung um jeden gesellschaftlichen Schaden, der durch die Verfolgung von egoistischen Zielen entsteht, zu unterbinden? Gesellschaftlicher Schaden lässt sich relativ einfach messen und Übersteigt häufig die erzeugte Wirtschaftsleistung, da die Masse der Betroffenen meistens nicht positiv gegen die Umsätze eines schädlichen Erzeugnisses aufgewogen werden kann. Die richtige Stelle, um eben jene regulatorischen Maßnahmen zu definieren, wäre die Gesetzgebung. Sobald ein Unternehmen ein Schlupfloch entdeckt, welches ermöglicht ohne Konsequenzen einen gesellschaftlichen Schaden anzurichten, wird dieses mit einer Aktualisierung der entsprechenden Gesetzestexte geschlossen. Aufbauende Gesetzgebung muss diese Ausnahmeregelungen wieder mit einbeziehen, die wiederum in der darauffolgenden Gesetzgebung mit einbezogen werden müssen und so weiter und so fort. Mit den ganzen Berücksichtigungen der allgemeinen Formulierungen und ihren Ausnahmefällen werden Gesetzestexte immer spezifischer und sprechen immer exakter die Partei an, die sie zu regulieren versuchen. Der YouTube-Anwalt meines Vertrauens, der neue Gesetzesvorlagen durchexorziert, hatte den wunderbaren Ausbruch, in dem er sich darüber aufgeregt hat, dass ein kommender Gesetzesentwurf derart viele Ausnahmen und undeutlicher Spezifika beinhaltet, dass sich keine allgemein verständlichen Handlungsempfehlungen daraus ergeben und dem Gesetz angemerkt wird, dass es ein Erzeugnis einseitiger Lobbyarbeit ist. Im Allgemeinen würden Gesetzestexte immer spezieller auf einen Fall angepasst, anstatt sich darüber Gedanken zu machen, wie sich eben jene Regulatorik abstrakt formulieren und niederschreiben lässt, sodass sie nachhaltig gilt. Wenn stets neue Gesetze und Gesetzesänderungen verabschiedet werden, die immer weiter von abstrakten Gebilden abweichen, so kommt es zu irgendeinem Zeitpunkt zu einem Umbruch, dass die Gesetzgebung gelähmt ist, während die unerwünschten Akteure ihre Machenschaften weitertreiben können, da die Anzahl der sich öffnenden Fallgruben sich mit jedem nicht-abstrakten Gesetz erhöht bis schließlich die gesetzgebende Funktion nicht mehr aufbauend arbeiten kann und gesamte Pakete des Regelwerks neu definieren muss. Sollten hierbei nicht die klügsten Köpfe aller Bereiche herangezogen werden, so mag das ein Ende des Staates, wie du ihn kennst, bedeuten. Potentiell ist die neue Version ein verbessertes Update. Rechtsstaat 2.0. Das alles setzt natürlich zur Annahme, dass die Gesetzgebung in der aktuellen Staatsform erstarren kann, also bleibt eine potentielle Realisation abzuwarten.

Wie würdest du die faulen Äpfel der gesellschaftlich Schädlichen unternehmen bekämpfen? Schreib mir deinen Plan in die Kommentare!

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It kills me not to know this
But I’ve all but just forgotten
What the colour of her eyes were
And her scars or how she got them

Rise Against – Savior

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