TL; DR. Probleme können als Hindernis oder als Herausforderung gesehen werden. Ich präferiere letzteres.
Zeit ist in unserer Wahrnehmung linear und du kannst sie neben den drei räumlichen Dimensionen in deiner Wahrnehmung als weitere Dimension betrachten, denn schließlich bewegen sich die Objekte inner- und außerhalb deiner Peripherie abhängig von der Zeit. Während du schrittweise dein Leben durchschreitest, triffst du auf diverse Konstellationen deiner Umgebung und verschiedenste Persönlichkeiten mit denen du mehr oder weniger interagierst. Das große Zusammenspiel all dieser Teilnehmer läuft selbstverständlich nicht reibungslos, denn bei jeder Interaktion zwischen zwei eigenständigen Teilen muss die Harmonie und das entsprechende Drumherum stimmen, denn ansonsten kann es zu Schwierigkeiten führen. Ein nicht ausreichend gefettetes Kugellager verliert an Effizienz, regulatorische Einschränkungen beschneiden möglicherweise die einfache Umsetzung einer Idee, verschiedene Ideologien treffen aufeinander und vertragen sich nicht oder die Brücke auf der vorgeschlagenen Route ist gesperrt. Andauernd begegnen wir irgendeiner Unannehmlichkeit, die für Kopfzerbrechen sorgen könnte, wenn die Situation unbekannt oder intransparent ist. Beim Kugellager reicht es, mehr Schmiermittel hinzuzufügen, die gesperrte Brücke kann unter Inkaufnahme eines Umwegs umfahren werden, regulatorische Einschränkungen können an sich angegangen werden, oder die Umsetzung wird derart umformuliert, dass die Konformität mit der Richtlinie besteht. Bei Themenbereichen rund um Ideologien und ihren Streitigkeiten ist ein Kompromiss oder ein quid pro quo wohl die naheliegendste Lösung, aber auch hier können sich neue Wege finden, für die mir lediglich kein Begriff einfällt. Wir leben also Tag ein und Tag aus mit Schwierigkeiten irgendeiner Art und entwickeln für die meisten dieser Unebenheiten einen Automatismus an Lösungen. Wenn es kalt ist, schließt du das Fenster, machst dir einen Tee oder kuschelst dich in eine Decke ein. Wenn du hungrig bist, bestellst oder kochst etwas oder triffst die Abwägung die Mahlzeit auf eine andere Zeit zu verschieben. Am Ende gibt es genug Auslöser solcher Automatismen, die du immer wieder meisterst.
Eben jene Schwierigkeiten können jedoch in einer anderen Umgebung plötzlich nicht mehr mit dem gelernten Automatismus abgetan werden. Plötzlich werden belanglose Fragestellungen des Alltags zu einem Problem. Hierbei kann jede der obengenannten Schwierigkeiten ein Problem darstellen. Wenn du hungrig in der Wüste bist, reicht der bestehende Pool an Lösungen nicht mehr aus, um dieses notwendige Bedürfnis zu stillen. Stattdessen bist du mit einem Problem konfrontiert. Hierbei ist die Situation bereits vorher eine Problemstellung, nur nimmst du es nicht als solche wahr, denn die Lösung liegt auf der Hand und ein gelöstes Problem ist für dich kein Problem mehr, auch wenn es mit etwas Aufwand verbunden ist. Solange der Aufwand abschätzbar und angemessen ist, sind vielerlei Probleme in der subjektiven Wahrnehmung inexistent. Je nachdem in welchem Bereich du dich bewegst, wirst du häufig mit neuen Problemen konfrontiert und je nach Position bist du gleichzeitig die Person, die abschätzen muss, welcher Aufwand sich hinter einer etwaigen Lösung versteckt, sofern es eine Lösung gibt. Ist keine Lösung zu dem Problem bekannt, kannst du mehrere Wege einschlagen. Zum einen kannst du das Problem nehmen, umformulieren und feststellen, dass zum umformulierten Problem eine Lösung existiert. Hierbei musst du jedoch in der Lage sein, dass die angewandte Umformung die entsprechende Lösung berücksichtigt. Wenn du vom Bedürfnis Durst auf das Bedürfnis Hunger und Durst kommst, fällt es dir potentiell leichter etwas zu finden, was die letztere Formulierung abdeckt und somit schon das initiale Problem löst. Ist kein Wasser in Sichtweite, aber eine Menge Wassermelonen, dann führt dich die dem Hunger angelehnte Aktivität des Essens eher zur Lösung. Des Weiteren kannst du ein Problem spezifizieren. Problemstellungen können verschieden allgemein formuliert werden und sobald du auf eins stößt, ist die erste Formulierung meistens eher allgemein gehalten bis du das Problem näher analysiert und ausformuliert hast. Je nach Bereich kann in der Ausformulierung des Problems bereits die Lösung enthalten sein, die letztlich nur noch mit einer Menge Aufwand verbunden ist. Diese beiden Methoden unterliegen bereits der Annahme, dass du dich dem Problem stellen und eine Lösung finden möchtest. Die Erfahrung zeigt, dass das nicht selbstverständlich ist, sofern das Problem nicht mit dem direkten Selbsterhaltungsdrang verbunden ist. Schließlich ist Energie wertvoll und jegliche Energie die über die eigene Selbsterhaltung hinaus verbraucht wird, ist zu aller erst optional. Etwas als Problem zu bezeichnen hat meiner Erfahrung nach immer einen leichten Beigeschmack. Das Lösen von Problemen kann sich als sehr aufwendig gestalten und insbesondere in wirtschaftlich orientierten Prozessen sind solche nicht abschätzbaren Aufwände häufig nicht ausreichend eingeplant. Die Probleme, die den bitteren Beigeschmack der Demotivation und nicht-Quantifizierbarkeit tragen, sollten dich nicht runterziehen. Stattdessen solltest du sie als das wertschätzen, was sie sind, nämlich Herausforderungen an denen du sowohl persönlich als auch fachlich wachsen kannst.
Jedes Problem hat seine Daseinsberechtigung und keins davon sollte dafür sorgen, dass eine Idee stirbt. Nimm daher deine kühnsten Ideen, schreibe die Probleme auf, die dir sicher begegnen werden und nimm sie als Herausforderungen an. Du kannst davon ausgehen, dass du selten alle Probleme im vorhinein abdecken kannst und so musst du dich in Spontanität üben, die Balance zu finden, um nicht durchzudrehen, die Herausforderungen anzugehen und am Ende des Tages neben der persönlichen Entwicklung ebenfalls anderen mit dieser Herangehensweise ein Vorbild sein zu können. Denn wenn du jedes Problem als Herausforderung siehst und somit den negativen Beigeschmack unterbindest, lösen sich deine Probleme der Reihe nach in Luft auf.
Sind für dich Probleme stets Herausforderungen? Lass es mich wissen!
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Well, I ain’t passed the bar, but I know a little bit
Enough that you won’t illegally search my shit
JAY-Z – 99 Problems