Lobbyismus ist wichtig

TL; DR. Lobbyarbeit beschreibt stets beide Seiten von Interessen. Die Ausprägung des Einflusses auf die Legislative durch Lobbyisten sollte nicht im Glauben an die Integrität von Gesetzgebern liegen, sondern muss hinreichend transparent offengelegt werden.

Mit den aktuellen Skandalen über Politiker, die sich offenkundig der Bestechlichkeit hingegeben haben, kommt das Wort Lobbyismus wieder so häufig auf, dass ich es hier aufgreifen möchte, denn es klingt zwar stets schlecht, aber das liegt daran, dass bei einem reibungslosen Ablauf keine negativen Nachrichten im Prozess entstehen. Das ist ein ganz normales Phänomen, denn Sachverhalte, die glatt laufen, sind in den meisten Fällen keine Neuigkeiten, sondern der erwartete Zustand. Dasselbe gilt für den Lobbyismus, den wir an dieser Stelle kurz wie gewohnt mit einer Definition unserer kostenlos verfügbaren Enzyklopädie bestücken wollen.

Lobbyismus, Lobbying oder Lobbyarbeit ist eine aus dem Englischen (lobbying) übernommene Bezeichnung für Interessenvertretung in Politik und Gesellschaft, bei der einzelne Personen oder Interessengruppen („Lobbys“) – vor allem durch die Pflege persönlicher Verbindungen – die Exekutive, die Legislative zu beeinflussen versuchen. Außerdem wirkt Lobbying auf die öffentliche Meinung durch Öffentlichkeitsarbeit ein. Dies geschieht vor allem mittels der Massenmedien.

Der Begriff hat negative Konnotationen (Nebenbedeutungen), sodass Interessenverbände nicht unter diesem Begriff auftreten. Gängige Bezeichnungen für Lobbyarbeit sind zum Beispiel Public Affairs, politische Kommunikation und Politikberatung. Unternehmen und Organisationen unterhalten bisweilen ein Hauptstadtbüro oder eine Hauptstadtrepräsentanz, aber auch Büros bei den Landesregierungen.

Quelle: Wikipedia (Stand: 14.03.2021)

Der Grat zwischen Interessensverbänden und Lobbyismus ist hierbei sehr gering, sodass die beiden Begriffe hier zusammengelegt werden, sofern die negative Konnotation nicht berücksichtigt wird. Allgemein stellen Lobbyverbände eine Interessensvertretung dar. Wenn wir den Begriff im Kern nehmen, dann sind gewählte Repräsentanten ebenfalls Interessensvertreter und können als Lobbyisten der Wähler gezählt werden. Das ist durch die in Deutschland sehr negative Bedeutung des Begriff jedoch eher unüblich und deswegen belassen wir es hier bei dem Begriff der Gesetzgeber.

Lobbyverbände beeinflussen die Gesetzgebung und Entscheidungen, die dich und mich jeden Tag betreffen könnten. Meistens stellst du dir unter Lobbyverbänden die böse Autolobby vor, die den Verbrenner noch so lange wie möglich am Leben halten möchte, um getätigte Investitionen wieder reinzuholen. Das war zumindest sehr lange mein erster gedanklicher Berührungspunkt mit diesem Begriff. Jedoch entsendet jede Gruppe, jeder Verband, jede Industrie und jede Gemeinschaft, die für oder gegen etwas ist, Lobbyisten um ihre Interessen in der Gesetzgebung berücksichtigen zu lassen. Klimaaktivisten haben beispielsweise ihre Gruppierungen, von denen sie ihre Interessen über diverse ökologisch orientierte Geschäftszweige an die Politik herantragen. Das gilt ebenfalls für Technologiekonzerne, wie Google, Facebook oder Amazon, sowie produzierende Industrien und normgebende Vereine. Die Liste ist unzählig, aber du kannst dir sicher sein, dass es für alle Interessensverbände ein paar dedizierte Personen gibt, die Lobbyarbeit betreiben.

Wozu das ganze? Einzelne Individuen können keine hinreichende Repräsentation abbilden. Das bedeutet, dass nur weil eine einzelne Person gewisse Interessen oder Beschwerden hat, der Einfluss für eine gesetzgebende Initiative nicht relevant sein muss. Stellt sich wiederum eine Gruppierung mehrerer Entitäten oder Personen zusammen, dann wächst die Signifikanz, denn Probleme scheinen nicht einzelne Mimimis hypersensitiver Individuen zu sein, sondern objektiv real zu existieren, da eine, für den Gesetzgeber sichtbare, große Gruppe betroffen ist und gemeinsam ihre Interessen mit einer hinreichenden Basis einbringt. Bei Unternehmen gilt das gleiche Konzept. Wenn eine gesamte Industrie gewisse Gesetze benötigt, um weiterhin wirtschaftlich zu sein, wird eben genau dieser Wunsch von den Lobbyisten an die Legislative weitergetragen und kommuniziert. Hierbei stellen private Unternehmen den Zweig dar, der Auswirkungen auf die Stabilität der Wirtschaft in unserem Land haben kann und zivile Zusammenschlüsse stellen Auswirkungen auf politische Akzeptanz in der breiten Bevölkerung dar. Ich hatte ein interessantes Gespräch, welches direkt nach einem weiteren Lobbyskandal stattgefunden hat. Mein Gesprächspartner hat kein Verständnis für Lobbyarbeit gezeigt und gemeint, dass anstelle von Lobbyinteressen lediglich das Richtige getan werden sollte. Das hätte aber als Voraussetzung, dass es in der politischen Landschaft und dem Weg, wie ein Staat sich fortbewegt eine richtige oder falsche Variante gibt. So einfach ist das ganze Konstrukt nun nicht und je nachdem welche Ideologie vertreten wird, können Widersprüche entstehen. Der Bundestag braucht die Interessensvertreter von allen Seiten, egal wie groß oder klein sie sein mögen, um sich ein Bild zu verschaffen, welche Bereiche bei der Gesetzgebung zu berücksichtigen sind. Wenn zum Beispiel Interessen von Minderheiten nicht lobbyiert werden, so finden sie keinen Anklang an Prozessen und Verfahren der neuen Gesetzgebung, die über die bestehende Rechtsprechung hinaus geht. Zudem kommt noch die Problematik hinzu, dass Interessen keineswegs überschneidungsfrei oder harmonisch koexistent sind. Die Interessen der einen Gruppierung kann gegen die Interessen einer anderen Gruppierung gehen, was wieder zu Konflikten führen kann. Hier kommt die Macht der Lobby ins Spiel.

Mit der Annahme, dass Lobbyarbeit betrieben werden muss, ist natürlich die offene Frage wie sie betrieben werden sollte. Im Prinzip sollte eine Lobby stark sein, wenn die wirtschaftlichen oder wahlpolitischen, sowie sozialen Konsequenzen bedeutend ausgeprägt sind. Die Realität, die durch journalistische Arbeit von Plattformen wie abgeordnetenwatch.de, ans Tageslicht kommt, zeigt jedoch, dass Lobbyverbände sich in diverse Gesetzgebungen und Verhandlungen einkaufen. Somit sind zivile Gruppierungen, die ihre Interessen lobbyieren möchten, meistens außen vor, denn ihre wirtschaftliche und wahlpolitische Macht ist in den meisten Fällen nicht vergleichbar mit der einer ganzen Industrie. Die Brücke wird hierbei durch ideologisch organisierte Gruppierungen geschlagen, welche die Unterstützung mächtiger Konzerne wohlwollend annehmen, um ihre Interessen hinreichend zu vertreten. Wenn du das gesamte Konzept betrachtet, stellst du fest, dass es eine absolut verantwortungslose Situation, denn jeder von uns muss letztendlich an die Ideale, der gewählten Politiker glauben, sich nicht unfair beeinflussen zu lassen. Da der Glaube in den meisten Fällen nur wenig Sicherheit bietet, müssen entsprechende Kontrollen eingeführt werden.

Diese Kontrollformalität wäre durch ein Lobbyregister gegeben, welches nicht nur eine Meldepflicht für Lobbyisten, deren Veranstaltungen und ihre Einflussnahme auf einzelne Gesetze darstellt, sondern auch als Logbuch für die vorhandene oder verlorene Integrität der gewählten Repräsentanten gilt. Über eine erste Version wurde bereits abgestimmt, doch sie lässt den wichtigsten Aspekt außen vor, nämlich die Menge an Einfluss, die ein Lobbyist oder eine Lobbygruppe auf ein bestimmtes Gesetz genommen hat. Somit ist eine Ende zu Ende Kontrolle nicht erfüllbar und der letzte Schritt bleibt weiterhin ein Akt des Glaubens. Dabei ist Transparenz ein essentieller Bestandteil unseres Systems und ohne die volle Einsicht in den Gesetzgebungsprozess ist es ebenfalls schwierig, sich eine Meinung über das Verhalten der gewählten Personen zu bilden. Glücklicherweise gibt es unabhängige Instanzen, welche dort nachbohren, um etwaige Bestechungen aufzudecken und dem wählenden Bürger sichtbar offenzulegen, damit die wahlpolitischen Konsequenzen eintreten.

Welche Lobbygruppe würdest du unterstützen? Schreib es mir in die Kommentare!

Song of the day

Favorite part

I pack a chainsaw
I’ll skin your ass raw
And if my day keeps going this way, I just might
Break something tonight

Limp Bizkit – Break Stuff

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