TL; DR. Lass uns stets mit gutem Beispiel voran gehen und niemanden diskriminieren, sodass auch unsere Nachfahren mit einer Selbstverständlichkeit der Gerechtigkeit und Gleichheit aufwachsen.
In der Genderdebatte halte ich mich meistens raus. Nicht, weil ich keine Position dazu beziehe, sondern weil ich mich nicht in der Lage sehe, die Gesamtheit ausreichend differenziert zu bewerten und weitergehend wissenschaftlich zu untersuchen. Dennoch kann ich meine Position immerhin etwas erklären. Als jemand, der in einem Kindergarten und einer Grundschule mit ausschließlich weiblichen Lehrern groß geworden ist, habe ich zu keinem Zeitpunkt beim generische Maskulin ausschließlich oder vorwiegend an männliche Lehrer gedacht. Der Begriff ist schließlich generisch und meine Lehrerinnen haben den Lehrerberuf erlernt und daher gab es nie einen Grund zur Annahme, dass nicht alle Geschlechter unter dem einen Begriff aufgefasst werden. Nun gibt es Belege, welche darstellen, dass der generische Maskulin tatsächlich die Denkweise von einem Großteil der Probanden negativ beeinflusst, sie nämlich in eine Richtung färbt und Männer davon profitieren beziehungsweise Frauen an dieser Stelle Abstriche machen und Diskriminierung erfahren. Dadurch sind Heldengeschichten plötzlich dem Geschlecht zugeschrieben und wenn du das Phänomen weiterspinnst endest du bei unterbewussten Annahmen, welche behaupten, dass bestimmte Berufe und Tätigkeiten nur vom männlichen Geschlecht ausgeführt werden können, da sie schon in Vergangenheit sehr dominant darin waren.
Ein Mittel um diese Denkstrukturen, die jeher gepflegt werden, zu zerschlagen und dem Kopf die unterbewusste Diskriminierung aufgrund des Geschlechts abzutrainieren, soll die geschlechtergerechte Sprache sein. Soweit ich es beobachten konnte, ist darunter ein inklusiver Ansatz im Sprachgebrauch gemeint um eine unterbewusste Fehlklassifizierung von Rollen in einem beschriebenen Kontext zu verhindern. Also kurzgesagt Nichts dem Zufall überlassen und explizit darauf hinweisen, dass es zwei Geschlechter beziehungsweise mehrere Identitäten gibt, die sich angesprochen fühlen sollen. Der Ansatz scheint absolut plausibel, denn solltest du bekannten und unbekannten Personen den Spielraum bieten, darauf ihre eigene Denkstruktur abzubilden, kann das in unangebrachte Richtungen laufen, welche eine diskriminierende Verhaltensweise weiter anstiften und veraltete Denkmuster tiefer im Individuum einbrennen. Ich bin bereits Leuten begegnet, die den generischen Maskulin nicht als solchen verstehen konnten und stets die Dominanz des Mannes darin gesehen und dies ebenfalls für gut befunden haben. So ein Blödsinn, aber was sollst du tun, so wurde diese Person von ihrem Umfeld erzogen. Das bedeutet nicht, dass du sie nicht ändern kannst!
Als Spezies Mensch lernen wir unfassbar viele Konzepte durch reines wahrnehmen, verarbeiten, ausprobieren und simplen bis komplexen Validierungsschritten die nach dem Aufsaugen der Informationen folgen. Häufig sind wir ein Produkt unseres Umfelds und den Gepflogenheiten die in dieser Gemeinschaft gelebt werden. So wirkt es gar natürlich, dass die Wahrscheinlichkeit kriminell zu werden größer ist, wenn jeder um dich herum kriminell ist. Schließlich ist es dann dein normales Verhaltensmuster und deinen Verantwortlichen angepasst, die dich erziehen und Interkationen im Bereich deiner Wahrnehmung tätigen. Sollten dir in deinem Umfeld diverse Denkweisen gegen den Strich gehen, so wirst du dich mit aktivem Engagement herausbewegen und mit gleichgesinnten zu einer Gruppe zusammenschließen, um den Gegenpol zu bilden.
Was bedeutet das nun für die Genderdebatte? Der Zusammenhang zwischen der Debatte und der zusammengefassten Ebene der Denkweisen ist kaum zu verkennen. Solltest du bereits mit dem Bewusstsein für Gerechtigkeit und einem Streben gegen Diskriminierung aufgewachsen sein, wirst du kaum in unterbewusste Denkmuster verfallen, die eben jenem Bewusstsein entgegen gesetzt sind. Sprich, solltest du nie an Unterschiede zwischen den Geschlechtern geglaubt haben, wäre es merkwürdig anzunehmen, dass du plötzlich damit von dir aus beginnst. So erfüllt der generische Maskulin absolut seinen Zweck, denn er ist einfach zu lernen und simplifiziert Texte. Leider ist das nicht der Fall und es ist kaum vorzustellen, dass in allen Köpfen nicht Anhand des Geschlechts diskriminiert wird. Daher kannst du fast sicher davon ausgehen, dass die negativen Denkmuster noch immer existieren oder gar verbreitet sind. Das scheint mir der einzige Grund, warum geschlechtergerechte Sprache notwendig ist. Es gibt relativ gesehen schlichtweg zu viele Personen, dessen unterbewusste Interpretation von Sachverhalten einzelne Gruppen benachteiligt. Diese Gruppen müssen wiederum dadurch gestärkt werden, dass eine Interpretationsmöglichkeit in eine diskriminierende Richtung unmöglich gemacht wird. Zum Beispiel indem der generische Maskulin aufgeteilt wird in den männlichen und weiblichen Begriff und für die besonders marginalisierten Leser*innen gibt es hier zusätzlich noch die *-Schreibweise.
Stellen wir uns nun folgende Situation vor. Die Erziehung ist und bleibt stets neutral gegenüber allen, aber auch wirklich allen Gruppen. Dann gibt es nach ein paar Generationen keine marginalisierten Gruppen mehr, außer die durch objektive Unterschiede, also unsere individuellen optischen Attribute. Leistung, Fähigkeit und andere Spezifika, welche nicht zu den äußerlichen Merkmalen zählen, werden stets unabhängig, gerecht und von allen gleichermaßen bemessen. Geschlechtergerechte Sprache sollte in diesem Fall einen gegenteiligen Effekt hervorrufen. Studien legen zwar nahe, dass die Gleichsetzung des Neutrums mit dem männlichen Geschlecht eine Diskriminierung gegenüber des anderen Geschlechts hervorruft, doch sollten wir uns in einer Welt befinden, wo alle diskriminierenden Denkstrukturen und Begriffe bereits in der Erziehung ausgetrieben werden, so würde eine Unterscheidung plötzlich die Aussage nahelegen, dass wohl Unterschiede existieren, die sogar benennbar sind und danach diskriminiert werden sollte. (Dazu hätte ich gerne Studien! Also solltest du in dem Bereich tätig sein, wäre ich sehr an Informationen dazu interessiert.) Am Ende führt eben jene Behandlung des Problems aus unserer Gesellschaft in dieser Utopie zu einer unnötigen Aufspaltung wohlerzogener Gleichberechtigung mit Diskriminierungsrisiko. So lange wir jedoch in unserer Welt leben und nicht in diese Utopie wechseln können, ist die Behandlung der Symptome aus einer auf Ungerechtigkeit-fixierten Erziehung zielführend. Jedoch solltest du während der Linderung der Symptome, stets weiter auf der Suche nach der Ursache sein und diese mit allen Mitteln bekämpfen. Kleine Erfolge sind wichtig und gut, doch am Ende geht es ums Ganze.
Was ist deine Meinung zu gendergerechten Sprache? Hast du dich bei diskriminierenden Denkweisen beobachtet und was hast du dagegen getan? Teile deine Erfahrungen gerne in den Kommentaren!
Song of the day
Favorite part
Her boyfriend’s a dick
He brings a gun to school
And he’d simply kick
My ass if he knew the truth
Wheatus – Teenage Dirtbag