Fragenkatalog des Datings

TL; DR. Alleine die Tatsache, dass du für das Dating mittlerweile digitale Plattformen nutzt, sollte nichts an der üblichen Herangehensweise im Vergleich zum analogen Ansprechen und Kennenlernen ändern.

Wie geht’s dir? Als was arbeitest du? Bist du von hier oder bist du zugezogen? Willst du Kinder? Hast du Kinder? Was hast du heute gemacht? Warst du Samstag demonstrieren? Was ist dein Lieblingsessen? Hast du Haustiere? Bist du gläubig? Wie alt bist du? Was hast du studiert? Es gibt eine Vielzahl von Fragen, die du jemandem beim Online-Dating stellen kannst, um etwas über ihn oder sie zu erfahren. Doch wie in so vielen Fällen, ist es bereits die Fragestellungen, die nicht das abdeckt, was du dir eigentlich darunter vorstellst. Demnach sind die Fragen beider Seiten häufig eine Auswahl aus einem Katalog an Fragen, die dir die Person hinter der Fassade erklären sollen. So werden existierende Klischees an die Antworten angeheftet. Zum Beispiel sind Unternehmensberater absolute Kapitalisten und du als antikapitalistische Persönlichkeit könntest nie mit einer kapitalistischen Persönlichkeit gemeinsame Sache machen, weil es dir deine Ideologie oder dein Umfeld verbietet. Doch die Beziehung zwischen Unternehmensberatern und Kapitalisten ist maximal aus einer Handvoll Berichten entstanden, die dir etwaige Vorurteile an jene Charakteristik angeheftet haben. Die eigentlichen Motive können mit simplen Fragestellungen hinterfragt werden, sofern die Konversation überhaupt diesen Raum zur Verfügung stellt.

Erinnerst du dich an die letzte Begegnung mit einer Person bei der du einen Fragenkatalog abgearbeitet hast bevor du dich mit ihr über ein tatsächliches Thema unterhalten hast? Mit einer endlichen Anzahl an Fragen lässt sich ein grobes Feld abstecken, in dem sich die Persönlichkeit des Gegenübers einordnen lässt. Falls du an Myers-Briggs glaubst, dann hast du bereits 100 Fragen, die dir helfen können, dein Gegenüber einzuschätzen. Jedoch setzt diese Einteilung voraus, dass alle Ausprägungen einer Persönlichkeit bekannt sind. Da du an dieser Stelle schnell in mehrdimensionale Problemstellungen abdriftest und das Vorstellungsvermögen entsprechend beschränkt ist, wirst du ohne zur Hilfenahme von technologischen Lösungen kaum auf einen grünen Ast kommen. Somit kannst du davon ausgehen, dass du selbst mit gezielten Fragen nicht in der Lage sein wirst, eine Person vollständig in ihren Persönlichkeitsebenen zu beschreiben geschweige denn festzustellen, ob sie einen langjährigen Partner abbilden könnte. Damit ist selbst eine grobe Einteilung wie durch den Myers-Briggs Test eine utopische Kategorisierung, die auch zuletzt nicht deinen Prince Charming oder Madame Perfect entlarven wird. Das klingt natürlich überaus demotivierend, denn wo würdest du dir einen einfacheren Prozess vorstellen wollen, als bei der Auswahl der Person mit der du vermeintlich dein Leben verbringen wirst.

Wenn du einen Schritt zurück in die analoge Welt gehst, stellt sich die Frage, wann eben jene Herangehensweise bei dir oder befreundeten Paaren funktioniert hat. Von allen Geschichten ohne digitalen Ursprung, die dir zugetragen wurden, kannst du erkennen, dass das einleitende Gespräch keineswegs so klingt als stamme es aus einem vorgefertigten (Smalltalk-) Fragenkatalog. Nein, es wirkt eher wie der Teil nach, der nach dem Smalltalk kommt oder gar komplett unabhängig davon entsteht. Es ist eine flüssiger, interaktiver Austausch von Informationen, der keineswegs einem klassischen Q&A oder FAQ ähnelt. Also ist die Annahme an dieser Stelle, dass der Profikatalog des Datings maximal als Richtlinie der eigenen Erzählungen verwendet werden und keineswegs als Anleitung durch eine Kennenlernphase verwendet werden sollte. Personen, die sich ausschließlich auf eine Art Katalogfrage beschränken, sollten nach anfänglichen Versuchen ihren Katalogansatz verwerfen, denn mit dem Bedürfnis jemanden kennenzulernen, den du ebengleich persönlich kennengelernt und für gut empfunden hättest, sollte der Anspruch mindestens der gleiche sein wie bei einer nicht-digitalen natürlichen Begegnung. Die Herangehensweise kann zwar in ihren Ausformulierungen abweichen, doch wenn die Ausführung bereits langweilig an etablierte Fragenkataloge grenzt, kannst du davon ausgehen, dass die Herangehensweise in der persönlichen Begegnung mindestens ebenso einfallslos und wohlmöglich fern von jeder emotionalen Verbindung sein wird. Das ist natürlich rein hypothetisch.

Wie führst du Gespräche über digitale Datingplattformen? Teile mir deine besten Gespräche in den Kommentaren mit!

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