TL; DR. Geh‘ immer davon aus, dass dein Gesprächspartner dir kognitiv überlegen ist, bis dir das Gegenteil bewiesen wird.
Ich bin am ersten Weihnachtstag spontan ohne Vorbereitung oder entsprechendes Aufwärmprogramm eine Halbmarathondistanz gelaufen. Nicht nachmachen! Für die Leute unter euch, die sich keine Kilometer darunter vorstellen können: Es sind 21,1 Kilometer. Die Zeit war deutlich schlechter als mein einziger Wettkampfhalbmarathon, den ich in einer Stunde, fünfzig Minuten und fünf Sekunden gelaufen bin, aber es ging mir auch nicht um die Leistung, sondern lediglich darum zu schauen, ob ich es noch kann. Da mein Kopf auch während des Laufens nicht wirklich aufhört mich mit Fragen zu bombardieren, habe ich mich gefragt, ob, was und wie gut ich Bereiche des Lebens besser beherrsche als andere. Natürlich habe ich direkt festgestellt, dass ich zum Beispiel besser Gitarre spiele als jemand, der noch nie ein Instrument bespielt hat, ich besser programmiere als jemand der gar nicht programmiert oder auch besser kochen kann als jemand, der nicht weiß wie man entsprechende Küchenutensilien bedient. Insbesondere im Bereich der Hobbys kannst du dich gut mit anderen vergleichen und Unterschiede quantifizieren. Wenn du nun einen Schritt zurücktrittst und überlegst, was du nicht bemessen kannst, sieht das Problem schon ganz anders aus. Der Bereich, der mir in dieser Fragestellung besonders spannend zu sein scheint dreht sich um die Intelligenz. Die hat natürlich viele Facetten, also packe ich für dich kurz die Wikipedia Einleitung aus, damit wir die gleichen Voraussetzungen für den Rest des Textes haben.
Intelligenz (von lateinisch intellegere „erkennen“, „einsehen“; „verstehen“; wörtlich „wählen zwischen …“ von lat. inter „zwischen“ und legere „lesen, wählen“) ist in der Psychologie ein Sammelbegriff für die kognitive bzw. geistige Leistungsfähigkeit. Der Begriff bezeichnet vor allem die Fähigkeit, die Gesamtheit unterschiedlich ausgeprägter kognitiver Fähigkeiten zur Lösung eines logischen, sprachlichen, mathematischen oder sinnorientierten Problems einzusetzen. Da einzelne kognitive Fähigkeiten unterschiedlich stark ausgeprägt sein können und keine Einigkeit besteht, wie diese zu bestimmen und zu unterscheiden sind, gibt es keine allgemeingültige Definition der Intelligenz. Vielmehr schlagen die verschiedenen Intelligenztheorien unterschiedliche Operationalisierungen des alltagssprachlichen Begriffs vor.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Intelligenz
In Anbetracht der Definitionslage, musst du dir überlegen was es für dich selbst bedeutet. Was bedeutet es in Alltagssprache schlauer oder dümmer als jemand anderes zu sein? Kannst du eine allgemeine Regel dafür definieren oder würdest du jede Entscheidung, Reaktion oder Überlegung deines Gegenübers einzeln bewerten und im Nachhinein beurteilen auf welchem Intelligenzspektrum sich diese Person befindet?? Im Zuge meines Mathestudiums bin ich überaus komplexen oder auch umständlich formulierten Problemstellungen über den Weg gelaufen. Wenn ich gefühlt zwei Semester lang jeden Tag im Durchschnitt 6-10 Stunden in der Bibliothek verbringe um Konzepte, Probleme und Aufgaben zu verstehen und mit etwas Glück und viel Hilfe auch zu lösen, zweifelt man sehr stark an seinen eigenen Fähigkeiten, wenn man in der Prüfung doch nur haarscharf an der Punktegrenze zum Durchfallen vorbeikommt. Dutzende Kommilitonen von mir würde ich als klüger bezeichnen, weil es ihnen leichter fällt die selbe Herausforderung zu meisten, an der ich zu knabbern habe. Das kann aber nicht alles sein. Wenn man zwei willkürliche Personen an eine offene Fragestellung setzt, bekommt man nach ausreichend Zeit mindestens zwei Lösungen. Je offener die Fragestellung formuliert ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich die Lösungswege unterscheiden, die Lösung jedoch die selbe ist. Die Lösungen können sich auch unterscheiden und gleichzeitig valide sein. Es gibt viele Möglichkeiten.
Nach und nach ist mir die Idee zu wider geworden, jemanden aufgrund von solchen Vergleichen der Lösungen, Lösungswege, Leistungen oder Denkweisen zu beurteilen. Denn selbst wenn ich eine Metrik wähle, die ich für meine persönliche Rangliste verwende, kann das Ergebnis unter Bezug einer anderen Perspektive ein ganz anderes sein. Gehen wir jetzt zusätzlich davon aus, dass es unendlich viele Perspektiven und Bewertungsschemata geben kann, ist die einzige Schlussfolgerung, dass ich nicht in allen Bereichen besser als mein Gegenüber sein kann und ich mich selbst in denjenigen Rubriken in denen ich mich als besser einschätze, letztendlich aus einer anderen Perspektive überschätze. Also bin ich dümmer als du.
Natürlich ist die Kombination von Stärken und Schwächen ein Hauptkomponente für deine Individualität und die lässt sich schlichtweg nicht vergleichen und somit ist dieser ganze Ansatz hinfällig. Doch halten wir noch einen Moment in diesem Gedanken inne. Wenn du mit dieser Einstellung an Leute herantrittst, hast du gleich mehrere Vorteil.
- Bescheidenheit: Seien wir mal ehrlich. Wer seinen IQ in Zahlen ausdrückt und jedem unaufgefordert aufschwatzt, entlarvt sich meistens schlichtweg als sehr eingebildete, arrogante Person. Hochbegabt sein rechtfertigt kein asoziales Verhalten. Statistisch gesehen, schätzen sich Personen überdurchschnittlich klug ein, da die eigene kognitive Abwesenheit nicht kognitiv erfasst werden kann. Man spricht hierbei auch vom Dunning-Kruger Effekt. Es gibt natürlich auch das Problem von der anderen Richtung. Das wäre das Imposter-Syndrom.
- Lernfähigkeit: Wenn du stets davon ausgehst, dass du nicht der klügste im Raum bist, wirst du mehr lernen, denn würdest du in dieser Situation mit dieser eingeschränkten Sicht verweilen, verschließt du dich den neuen Erfahrungen, die du durch anderen Individuen sammeln kannst
- Zufriedenheit: Hast du das Vorurteil gehört, dass „dumme“ Leute es leichter im Leben haben? Sollte es stimmen wirst du dich glücklich schätzen, denn stell dir vor mit welchen Problemen die anderen zu kämpfen haben!
- Gesellschaftsfähigkeit: Mit Bescheidenheit, Lernfähigkeit, und Zufriedenheit wirst du plötzlich den Menschen in deiner Umgebung mit einer neuen Offenheit und vielleicht etwas Naivität gegenübertreten, aber so erzielst du ein gemeinschaftlicheres soziales Erlebnis.
Wie stehst du zum Thema Intelligenz und würdest du dich als überdurchschnittlich intelligent bezeichnen? Lasst es mich wissen!
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Baby I’m wasted
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