TL; DR. Arbeitszeit besteht nicht aus reiner produktiven Arbeit, sondern aus ihr und allen anhängenden Komponenten. Das sollte bei Vorschlägen einer Arbeitszeitreduktion berücksichtigt werden.
Als Arbeitsnehmer ist die Bezahlung häufig an gewisse Arbeitszeiten gekoppelt oder wenn du dich in einem Bereich befindest, der überwiegend auf Akkordarbeit getrimmt ist und die Bezahlung nach Stückzahl geht, dann würde deine Arbeitszeit entsprechend umgewandelt werden in ein Minimalpensum, dass du erreichen musst. Nun werden wir nach der Arbeitszeit bezahlt, beziehungsweise für eine gewisse Menge an Arbeitszeit und Äquivalentem. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter der Arbeitszeit, die bezahlt wird? Als Motivation hinter der Frage verbirgt sich ein Post des szmagazin, welches plakatiert, dass niemand mehr als zwei Stunden arbeitet. Nicht nur, finde ich diese Aussage sehr anmaßend, sondern sie erinnert mich ebenfalls an ein Konzept der Arbeitsteilung und dessen prophezeite Konsequenz, dass jeder Mensch nur noch drei Stunden am Tag arbeiten müsse.
Im produzierendem Gewerbe ist die Arbeitszeit überaus einfach zu messen. Die Maschine muss entsprechend laufen und die Anwesenheit und Wartungsarbeiten, die verrichtet werden, gehören automatisch mit zur Arbeitszeit. Somit gehen wir bei Verträgen, die auf Stundenbasis vereinbart sind, davon aus, dass ab dem Stempelzeitpunkt gearbeitet wird. Jedoch ist die Stempeluhr meistens nicht genau an der Stelle, an der die produktive Arbeit erbracht wird oder in anderen Worten wo die Komponenten erstellt werden, welche wiederum für einen Umsatz sorgen werden. Somit ist der Weg zur Arbeitsstelle ab der Stempeluhr bereits Teil der Arbeitszeit, jedoch nicht Teil der reinen Arbeitszeit. Um die Arbeitssicherheit zu gewährleisten, sind manche Pausen notwendig und werden entsprechend des vertraglich vereinbarten Vergütungsmodell vergütet. Bei meiner ersten Tätigkeit waren kurze Verschnaufpausen vollständig bezahlt, denn zur Stempeluhr laufen zu müssen hätte zum einen sehr viel Kritik geerntet, aber auch zu ineffizienten Pausen geführt. Nach acht Stunden plus der gesetzlich vorgeschriebenen Mittagspause wird der Feierabend angetreten und die Arbeitszeit von acht Stunden ist vollbracht. Acht Stunden sind in Produktionsstätten eine Verbesserung zu den Zeiten in denen zwölf Stunden die Regel waren. Somit besteht die Arbeitszeit aus dem Weg von der Arbeitszeitaufnahmestelle bis zum Punkt an dem produktiv gearbeitet werden kann plus notwendige kurze Pausen um die Arbeitssicherheit zu gewährleisten.
Doch wie sieht es in der Dienstleistungsbranche aus? Hierbei würde ich noch in zwei Branchen unterscheiden. Zum einen in die Dienstleistungen, die mit direkter zeitlicher Erbringung verbunden sind wie zum Beispiel das Haareschneiden, die Massage oder medizinische Untersuchungen, zum anderen in die indirekten Dienstleistungen bei denen du beauftragt wirst etwas zu tun, einen Abschlusstermin vereinbarst und dir deine Zeit selbst einteilen kannst und lediglich das Ergebnis zählt. Gehen wir davon aus, dass du als Arbeitnehmer an einer Firma angestellt bist, der du deine Arbeitszeit gegenüber rechtfertigen musst und die indirekten Dienstleistungen werden von dieser Firma an eine externe Partei erbracht. Dann ist deine Arbeitszeit in erster Linie von der Projektarbeit für den Auftraggeber entkoppelt. Die Zeit, die für den Auftraggeber aufgewandt wird, ist vergleichbar zu der reinen Arbeitszeit, die ein Bandmitarbeiter direkt an dem Band verbringt. In jedem Büro oder auch in produzierendem Stätten kannst du davon ausgehen, dass mehrere Personen miteinander interagieren und kommunizieren und diese Interaktion muss keineswegs mit direkter reiner Arbeitszeit zu tun haben, findet jedoch unvermeidlich statt. Diese Zeit gehört vermutlich nicht zu jenem Teil, der dem Auftraggeber gegenüber in Rechnung gestellt wird, aber sollte mindestens zur Arbeitszeit des Arbeitsnehmers zählen, denn auch humoristische Einschübe stützen das Arbeitsklima und ein besseres Arbeitsklima sorgt für mehr Produktivität. Insbesondere in der Beratung in der unternehmensweit diverses nützliches Wissen verstreut ist, scheint das Netzwerken unabdingbar zu sein. So gehört ein gewisser Teil des Netzwerkens genauso zur Arbeitszeit, denn es hat die Motivation, Erfahrungen und Kenntnisse zu teilen um Wege zu finden, Probleme schneller zu lösen und somit die Produktivität zu steigern. In Summe gehört neben der produktiven Arbeit, den formalen Ausarbeitungen und formalen Austauschen auch der informelle Austausch ebengleich zur Arbeitszeit dazu. Diese Zeit ist meistens dann als solche zu verbuchen, damit bekannt ist, wie viel Zeit nicht direkt an Auftraggeber geht, sondern internen Zwecken dient.
In beiden Formen solltest du erkennen, dass die Arbeitszeit, die du deinem Arbeitgeber gegenüber rechtfertigst, keineswegs nur aus der reinen Arbeitszeit bestehen kann. Nun kommen wir zu der Aussage, dass niemand mehr als zwei Stunden am Tag arbeitet. Ich gehe an dieser Stelle davon aus, dass damit die reine Arbeitszeit gemeint ist. Diese These würde implizieren, dass du dich in einem Zeitraum von acht Stunden, lediglich zwei Stunden konzentriert an produktive Arbeit setzt, in diesem Fall an Arbeit, welche dem Auftraggeber zweckdienlich ist. Nun wird hier einiges nicht berücksichtigt. Zu aller erst solltest du akzeptieren, dass du als Mensch nur eine begrenzte Aufmerksamkeitsspanne hast. Um eine Aufgabe, welche diese Aufmerksamkeitspanne überschreitet, sinnvoll zu bearbeiten, gibt es Tipps und Ticks, wie du mehr Konsistenz in deine konzentrierte Phase bringst und wenn du meinen Blog kennst, weißt du, dass es mir stets eine Freude ist, sich selbst mit solchen Manipulationen auszutricksen. Nachdem du die eigene Beschränktheit des menschlichen Hirns akzeptierst, können wir weiter gegen diese These wettern. Selbst wenn du es nur schaffst, dich 30 Minuten am Stück auf eine Aufgabe zu konzentrieren und die gleiche Zeit benötigst, um dich zu regenerieren, dann sind das zumindest vier Stunden an produktiver Arbeit. Nun ist es üblich, dass du nicht nur eine Aufgabe hast, sondern mehrere. Manche Aufgaben sind schlichtweg weniger kognitiv anspruchsvoll als andere. So kannst du deine Hauptaufgabe für den Tag in den vier Stunden der hochkonzentrierten Phasen abarbeiten, während andere Aufgaben, wie das Schreiben von E-Mails oder Artikeln außerhalb dieser Hochzeiten stattfinden kann. Die restliche Arbeitszeit, die weder für hochkonzentrierte, noch anderweitige verpflichtende Arbeit vorhanden ist, fließt in die formalen und informellen Abstimmungen, Austausche und selbst-organisierte Weiterbildungen ein. Bei mehreren Aufgaben kommt noch hinzu, dass das Wechseln des Fokus enorm viel Energie und somit Zeit kostet, die ebenfalls zur Arbeitszeit gezählt werden muss. Das alles gilt natürlich nicht für alle Berufe, doch insbesondere wenn es um Arbeitszeitideen kommt, sollte die gesamte Arbeitszeit betrachtet werden und nicht nur der produktive Ausschnitt, der die eigene These stützt.
Im gleichen Atemzug möchte ich noch auf ein weiteres ideologisches Konstrukt zu sprechen kommen, welches hin und wieder auftaucht. Das Konzept dahinter ist, dass bei einer Gleichverteilung der zu leistenden Arbeit, nur zwei bis drei Stunden am Tag pro Mensch benötigt werden. Dieses Konzept setzt jedoch voraus, dass jeder nach ausreichend Einarbeitung jeden anderen Beruf ausüben kann oder es zumindest eine kritische Masse gibt, sodass diese Aufteilung funktioniert. Das ist eine utopische Annahme. Alleine durch die variierende Erziehung und Diskrepanzen in der schulischen Bildung, sowie individuellen Beschaffenheiten ist eine Gleichverteilung der Aufgaben nicht denkbar.
Was gehört für dich alles zur Arbeitszeit? Du kannst einen exemplarischen Arbeitstag in die Kommentare schreiben!
Song of the day
Favorite part
Life’s a game life’s a joke
Fuck it
Why not go for broke
Trade in all your chips
And learn how to be free
Why abstain why jump in line
We’re all living on borrowed time
So do what you like
And we’ll like what you do when you do it
And if they don’t that’s fine
Fuck ‚em
Days N Daze – Fuck It!