TL; DR. Korrelation und Kausalität sollten dir bekannte Konzepte sein, insbesondere wenn du selbst Interpretationen über wissenschaftliche Publikationen formen willst.
Mit eine größer werdenden Anzahl an Studien, die stellenweise ohne jegliches Gutachten von Medientreibern aufgenommen, verbreitet und falsch interpretiert werden, liegt es nahe ein grundlegende statistisches Prinzipien zu betrachten, welche relevanter sind als das fachthematische Thema, welches in einer Studie besprochen wird. Es handelt sich um den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität. Das sind lediglich zwei Begriffe, die wichtige Konzepte beschreiben, doch sie scheinen mir essentiell für eine gute Diskussionsgrundlage und ein allgemeines Werkzeug beim Trott durch unsere überaus komplexe Welt zu sein. Als weitere Basis ist es notwendig zu begreifen, wie Implikationen funktionieren. Mit meinem mathematischen Hintergrund bin ich potentiell etwas stark von diesen Konzepten geprägt, daher entschuldige ich mich im Voraus für etwaige Überspezifikationen oder schlechte Beispiele. Der Einfachheit halber, rede ich von Ereignissen und lasse andere Objekte, die mit dieser Art der Beziehungen beschrieben werden können, weg.
Implikationen beschreiben eine Beziehung zwischen zwei Ereignissen A und B. Nehmen wir an, dass das Ereignis A das Ereignis B impliziert, dann kannst du nach dem Auftreten des Ereignisses A davon ausgehen, dass das Ereignis B ebenfalls eintritt. Anstatt von Implikation kannst du es Schlussfolgerung nennen. Wenn du beispielsweise in einen See springst (Ereignis A), wirst du nass (Ereignis B). Hierbei impliziert Ereignis B nicht das Ereignis A, denn dass du nass wirst, bedeutet nicht, dass du in einen See gesprungen bist. Du könntest auch durch strömenden Regen gelaufen sein. Hierbei stellen wir bei der Betrachtung dieser beiden Ereignisse einen Kausalzusammenhang fest, denn du weißt, dass durch die Implikation, die besagt, dass Ereignis A zu Ereignis B führt, Ereignis A der Grund für Ereignis B ist. Du hast eine eindeutige Beziehung zwischen Ursache (Ereignis A) und Wirkung (Ereignis B) hergestellt. Wenn etwas kausal zusammenhängt, so korreliert es bei der reinen Betrachtung dieser Ereignisse immer. Korrelation bedeutet hierbei, dass Ereignis A und Ereignis B immer zusammen beobachtet werden, sofern Ereignis A auftritt. Vereinfacht bedeutet das, dass du immer nass wirst, wenn du in den See springst. Kausale Zusammenhänge sind der optimale Fall um Konzepte in der Welt zu verstehen, denn wenn du weißt wie Ereignisse kausal Zusammenhängen, kannst du sie oder ihre Folgen in deine Planungen mit aufnehmen. Leider sind Kausalzusammenhänge nicht immer einfach zu finden, insbesondere wenn du kein hinreichendes Modell aufstellen kannst, welches deine zugrundeliegenden Akteure hinreichen beschreibt und du daraufhin ohne Experimente Eigenschaften beweisen kannst. Um nicht verzweifelt und ahnungslos durch die Welt zu stolpern, werden Zusammenhänge nicht ausschließlich aus theoretische Analysen geschöpft, sondern es wird versucht Experimente durchzuführen, in denen Korrelationen beobachtet werden aus denen du wieder versuchst Thesen der Kausalität abzuleiten. Eine Korrelation lässt sich entsprechend in ihrer Ausprägung quantifizieren und ist kein reiner Wahr- oder Falschwert. Es kann sowohl eine positive Korrelation geben, welche beschreibt, dass ein Ereignis gemeinsam mit einem anderen Auftritt oder auch negative Korrelation, welche auf den Rückgang eines Indikators beschreibt. Wenn du dich gesünder ernährst (Ereignis A), hast du im Alter weniger gesundheitliche Probleme (Ereignis B). Die Korrelation beschreibt somit in welchem Verhältnis verschiedene Ereignisse auftreten, beschreibt jedoch keinerlei Kausalität. Nun scheint es naheliegend anzunehmen, wenn etwas andauernd in einem hinreichend großen Experiment durchgeführt wird und Korrelationen beobachtet werden, dass es ebenfalls einem Kausalzusammenhang unterliegt, welcher dann in eingeschränkteren Experimenten näher untersucht werden kann.
Eine Korrelation muss jedoch keinem direkten Kausalzusammenhang unterliegen! Du kannst Ereignisse beschreiben, welche zwar vollständig korrelieren, die aber keinem kausalen Zusammenhang zugrunde liegen. Das ist insbesondere der Fall, wenn die vermeintlichen Kausalzusammenhänge zwischen zwei Ereignissen vermutet werden, die einen zeitlich beachtlichen Abstand pflegen. Nehmen wir für Ereignis A, dass du dich vegan ernährst und Ereignis B; deinem Tod. Diese beiden Ereignisse werden in allen Untersuchungen stets vollständig korrelieren, denn bei näherer Betrachtung stirbt auch jeder Veganer irgendwann. Die Schlussfolgerung, dass die vegane Lebensweise dazu geführt hat, dass du stirbst wäre hierbei schlichtweg nicht korrekt. Damit hätten wir ein Beispiel, welches zwar korreliert, jedoch gar kein Kausalzusammenhang besteht. Am Ende des Tages interessieren wir uns für die Kausalzusammenhänge oder zumindest die vermuteten Kausalzusammenhänge.
Was hat das ganze mit Interpretierbarkeit von Studien zu tun? Studien werden in Situationen angewendet wo die Modellierung der Zielobjekte für eine Fragestellung zu komplex wäre und du dich deshalb auf Beobachtungen verlassen musst oder wenn eine theoretische Modellierung vorliegt, du diese jedoch verifizieren möchtest. Du leitest im Experiment ein Ereignis ein, und beobachtest welche Folgeereignisse auftreten. Jedoch bedeuten Folgeereignisse nicht, dass diese im kausalen Zusammenhang mit dem eingeleiteten Ereignis stehen. Wenn im Experiment allen Probanden ständig kalt ist, bevor das Experimentereignis eingeleitet wurde und nach der Einleitung des Experiments durch das Experimentdesign plötzlich erfasst wird, dass den Probanden kalt ist, dann korrelieren diese zwei Ereignisse, doch es wäre unsinnig einen Kausalzusammenhang zu vermuten. Experimente werden schon so konzipiert, dass solche Effekte soweit es möglich ist, unterdrückt werden. Diesen Effekt kannst du keinesfalls vollständig eliminieren, da nie eine totalitäre Datengrundlage erfasst werden kann. Einige Maßnahmen um den Einfluss dieses Effekts zu reduzieren sind hierbei die Anzahl an Probanden zu erhöhen, Probanden mit starken individuellen Ausprägungen im Untersuchungsbereich wie Vorerkrankungen oder Schwangerschaft im medizinischen Bereich auszuschließen und im Studienverlauf stets darauf zu achten, welchen weiteren Externalitäten die Personen ausgesetzt sind. Um die Aussagekraft solcher Studien zu gewährleisten und etwaige Fehlinterpretationen zu vermeiden, werden sie nach der Einreichung zur Veröffentlichung von externen Gutachtern überprüft. Daraufhin werden Änderungen vorgenommen, Schlussfolgerung die sich nicht eindeutig in der Datenlage zeigen werden entfernt und die Gravität der Aussagen werden an die tatsächlichen Verhältnisse angepasst. Zurzeit beobachten wir im Lieblingsthema Corona jedoch, dass eine Studie nach der anderen in ihrem Pre-Print Status, also dem nicht überprüften Status ausgewählt, vereinfacht heruntergebrochen und in Nachrichtenartikel veröffentlicht wird. In diesem Prozess passieren häufig essentielle Fehler und am Ende wird eine falsche Aussage transportiert und verbreitet. Daher solltest du dir insbesondere bei sensationellen Schlagzeilen die auf einem Pre-Print beruhen, eben jenes selbst zur Hand nehmen und schauen ob die entdeckten Korrelationen der mangelhaften Umsetzungen geschuldet sein können, oder es tatsächlich nahelegt, dass der beschriebene Sachverhalt eintritt. Meistens wirst du feststellen, dass die Studien zwar qualitativ hochwertig sind, die Schlussfolgerung des Zeitungsartikels sich jedoch nicht daraus herauslesen lässt.
Nun gehörst du vermutlich ebenso wie ich zu der Gruppe der Leute, die zwar lesen können, aber sich nicht mit allen Experimentausgestaltungen diverser Fachbereiche auskennst. Hierbei bist du auf eine vorgegebene Interpretation angewiesen, die von einer Person stammt, die die notwendige Qualifikation und Erfahrung mitbringt. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle Wissenschaftsredaktionen und ihre hochinformativen Podcasts! Bevor etwas falsch interpretiert wird, lege ich dir nahe, dass du in absolut Fachfremden Publikationen die eigene Interpretation ruhen lässt oder sie im Optimalfall sie regelmäßig, selbstkritisch hinterfragst. Das solltest du im Übrigen ausnahmslos tun. Dass wir versuchen mit beobachteten Korrelationen Kausalzusammenhänge zu beschreiben, ist übrigens der Grund warum eine Studie nichts beweisen kann. Eine Studie kann etwas nahelegen oder empirisch beweisen, was wiederum kein echter Beweis für einen Kausalzusammenhang ist. Insbesondere im Bereich der Ernährungswissenschaften finden sich zu jeder Aussage Studien, welche gepredigt werden mit „Diese Studie beweist, dass XYZ nicht gut für dich ist!“ Nein, tut es nicht. Sie legt es dir im besten Fall nahe.
War dir der Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität vorher bekannt? Wenn ja, von wo? Schreib mir einen Kommentar!
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Never can get to the one
Dealin‘ in multiplication
And they still can’t feed everyone
Eddy Grant – Electric Avennue