TL; DR. Ideologien sollten immer beobachtet und Anhänger frühzeitig aufgeklärt werden, um Intoleranz und Gräueltaten die Basis zu nehmen.
In meinem Beitrag „Lesefaulheit“ habe ich das Ziel formuliert, ab April mindestens ein Buch pro Monat zu lesen. Um dich ein wenig auf dem laufenden zu halten, dachte ich mir, dass es praktisch sein mag, wenn ich die Essenz der gelesenen Lektüre wiedergebe. Damit wecke ich vielleicht dein Interesse oder eröffne neue Perspektiven, was für mich einen positiven Ausgang dieses Artikels bedeuten würde. Das Buch von Hubert Schleichert trägt den Titel dieses Artikels mit der Ergänzung „Anleitung zum subversiven Denken“. Als mir das Buch vorgeschlagen wurde, war ich sehr angetan, denn anstatt anderen kontroversen Positionen mit einem Lächeln den Rücken zu kehren, versuche ich sie zumindest nachzuvollziehen und bei entsprechend ideologisch angehauchten Bereichen eine Basis zu etablieren, auf der zielführend diskutiert werden kann. Die ersten Seiten habe ich im vergangenen Wanderurlaub begonnen, mir danach das Buch im Taschenbuchformat besorgt und nach den ersten 40 Seiten zum Staubfangen auf meinem Nachtisch abgelegt. Daher bot es sich an, das Buch für den April zu werden, auch wenn wir noch nicht im April angekommen sind. Als ich die Kopie im Buchhandel gesucht habe und mir die nette Bedienung dabei half, hatte sie den Ort sowie die Rubrik im System nachgesehen und kurz aufgelacht, als die Rubrik des ihr anscheinend bekannten Autors ein Mal bei den Sachbüchern und ein weiteres Mal bei der Rubrik Philosophie aufgetaucht ist. Das hat zwar nichts mit der Auswahl zu tun, aber ich wollte dir das nicht vorenthalten.
Die Unterüberschrift lässt bereits ein wenig auf die Struktur schließen. Zuerst werden diverse Argumentationstypen erläutert, mit Beispielen versehen und mit ein oder zwei Vorkommnissen verknüpft, wo der entsprechende Argumentationstyp keine logische Schlussfolgerung oder zumindest nicht die gezogene Schlussfolgerung erlaubt. Nachdem die Grundlagen für die Elemente der Argumentation geklärt sind, werden typische Fallgruben in Argumentationen aufgezeigt und betitelt. Hier werden insbesondere leicht zugängliche Beispiele gewählt, die meistens überspitzt eine Fallgrube in der argumentativen Strategie darstellen, jedoch ebenso historisch geschehen sind. Das gibt dem ganzen einen realen Bezug und gibt mir, dem Leser, eine kleine Brücke von der logisch konzeptionellen Welt in aktuelle Situationen. Nach den Definitionen und einer Veranschaulichung der Argumentationstypen geht es an die relevanten Definitionen von Ideologie, Fanatismus und Argumentation. Die Essenz aus diesem Teil lässt sich verkürzt darstellen durch die Schlussfolgerung, dass sich Ideologien weder argumentativ beweisen, noch widerlegen lassen. Eine Konsequenz daraus ist folglich, dass die Attacke, so logisch sie auch sein mag, stets ins leere läuft oder sogar kontraproduktive Auswirkungen haben kann. Um zu dieser Schlussfolgerung zu kommen, wird stets die Position des Fanatikers untersucht, denn er repräsentiert schlussendlich die vollausgelebte, wörtliche Form der zugrundeliegenden Ideologie. Angeheftet an die Umschreibung des Fanatikers werden gängige Abwehrmechanismen desselbigen aufgelistet, näher analysiert und mit repräsentativen Zitaten etwaiger, bedeutender Personen in diesem Diskurs hinterlegt. Ein besonderes Augenmerk wird auf die interne Kritik solcher Ideologien gelenkt, denn es scheint üblich, dass Taten auf Basis jener Ideologie, die nicht mehr dem Zeitgeist entsprechen, verharmlost, relativiert oder auf die damalige Zeit beziehungsweise die ausführende Personengruppe geschoben werden und die wenigen Fanatiker eine Ausnahme darstellen würden, die das Gesamtkonzept in ein schlechtes Licht rücken. Dabei sind die Fanatiker lediglich Menschen, die der Ideologie Folge leisten und konsequenter die darin enthaltene Doktrin umsetzen. Somit wird unterstrichen, dass jede Ideologie in diesen Bereich abdriften kann und deshalb mit kritischem Blick und einem gesunden Misstrauen beobachtet werden muss. Das gilt insbesondere für eine Ideologie, die bereits für ihre gut dokumentierten Gräueltaten in der Kritik steht. Letztendlich kommen wir zum Kern des Buches. Es geht um die generelle Herangehensweise an Personen, die einer Ideologie treu sind. Hierbei wird unterschieden, ob jemand bereits dem Fanatismus verfallen oder ein innerlich unentschlossener Anhänger ist. Hier geht es insbesondere um eine Technik, den unentschlossenen Anhänger einer Ideologie davon abzubringen. Dies kann nicht über Angriffe stattfinden und so wird die Strategie des subversiven Denkens eingeführt.
In der Aufschlüsselung der subversiven Bestandteile wird es grob in die Bereiche subversives Argumentieren, den Gegner ernst nehmen und subversives Lachen unterteilt. Beim subversiven Argumentieren ist es zu aller erst notwendig, die eigene Position nicht zu kommunizieren, denn das lenkt vom eigentlichen Problem, der Ideologie des Gegners ab und kann als Angriff wahrgenommen werden, der alle fortwährenden Bemühungen nichtig schlägt. Denn bei einer Debatte sollte die eigene Position keine Rolle spielen, wenn diese nicht Hauptbestandteil dieser Debatte sein soll. Das subversive Argumentieren besteht im Kern darin, dem Gegenüber offenzulegen woran er tatsächlich glaubt. Dafür werden Beispiele und Verhaltensweisen geliefert, die absolut konform mit der präsentierten Ideologie sind oder gar von ihr begrüßt werden, jedoch von keiner Person, die bei Verstand ist, gutgeheißen werde können. Durch den subversiven Ansatz gelingt es hierbei manche der durch die Ideologie festgelegten Normen und Werte ins Wanken zu bringen, um letztendlich den subversiven Verstand des Gegenübers anzuregen bis der Glaube an die Ideologie nachhaltig geschädigt ist. Hierbei bleibt es essentiell dem Gegner gegenüber tolerant zu sein und ihn ernst zu nehmen, aber ihm zeitgleich durch die Argumentation aufzuzeigen, dass eben jene Ideologie entgegen ihrer Predigt intolerant ist. Es gilt stets das Ziel, ein klares Ideal der betrachteten Ideologie zu zeichnen, um dem Beobachter verständlich zu kommunizieren, welche Ideale er eigentlich verfolgt. Denn das wird von der Ideologie meist intransparent und heuchlerisch kommuniziert, sodass die Offenlegung eben jener Ideale bereits genügen kann, am Glauben zu rütteln. Wenn die Argumentationen nicht den gewünschten Effekt der Aufklärung erzielen, so ist eine weitere Methode das subversive Lachen. Die Grundlage hierfür wird dem Umstand geschuldet, dass eine Ideologie über die gelacht werden kann, keine Angst mehr ausstrahlt und somit das Konzept des Glaubens durch Ehrfurcht, Ängste oder anderen irrationalen Einflüssen untermauert wird. Die Auswirkungen des Lachens sind den Ideologen bekannt und so haben die Aufklärer, die sich an diesem Mittel bedient haben, zu einer Zeit in der es üblich war, Leute aufgrund ihrer Meinung hinzurichten, mit ihrem Leben bezahlt. Das ist heutzutage nicht mehr üblich und somit sollte dieser Weg des subversiven Lachens des Öfteren eingeschlagen werden. Falls die Methoden keinen Anklang beim Gegenüber finden, so kann die Position des Gegners letztlich noch bagatellisiert werden, um zumindest den umstehenden, potentiellen Anhängern die Ideologie unlogisch erscheinen zu lassen bevor sie ihr verfallen.
Der Ansatz des subversiven Denkens war mir bereits bekannt, jedoch nicht in seiner Begrifflichkeit, sondern lediglich in seiner Ausführung. Dennoch sind einige Aspekte deutlicher geworden und insgesamt war das Buch durchweg lehrreich und unterhaltsam. Die Art und Weise wie die Strategien angewandt werden, werden mit diversen praktischen Beispielen in Zitaten von Voltaire, Nietzsche und Epikur nahegelegt und referenziert. Der wichtigste Punkt um entsprechend gegen gefährliche Ideologien vorzugehen und weiterhin Aufklärung zu betreiben ist das Aufrechterhalten der Kommunikation. Der Diskurs mit den Anhängern, die nicht in den Fanatismus hineinzählen, darf nicht abreißen und sollte immer und immer wieder geführt werden. Das Ergebnis wirkt sich auf Folgegenerationen aus und lässt sich beispielsweise anhand der Existenz säkularer Staaten in Europa beobachten.
Glaubst du an eine Ideologie? Lass uns gerne darüber sprechen!
Lied des Tages
Lieblingsstelle
It’s got to be loud
It’s got to be free
And every single one of my bones starts movin‘ in me
Silence is killing me
You gotta scream for me
Sing along, sing along, sing along
Let’s dance away yeah yeah yeah
Shake shake shake shake shake those hips
Don’t ever turn it down
‚Cause my radio’s the only thing around
ITCHY – Silence Is Killing Me